Wie Albert, Schachti und Salvinchen Freunde wurden
Kalt fegt der Herbststurm durch den Garten, reißt an den Bäumen und lässt die bunten Blätter wirbeln. Frosch Albert und Regenwurm Schachti sehen dem wilden Treiben zu. Hier, am Rande der Stadt nahe eines Bächleins sind sie in einem Schulgarten zu Hause. Sie fühlen sich wohl, denn hier ist immer etwas los. Vom zeitigen Frühjahr bis zum späten Herbst kommen die Mädchen und Jungen mit ihrer Lehrerin her und graben, säen, harken, jäten, ernten oder schneiden in ihrem kleinen Reich. Wenn Regenwurm Schachti die Kinder hört, kriecht er wie viele seiner Gefährten ganz aufgeregt in seinem Erdreich auf und ab. Dabei entstehen kleine Gänge. Die Pflanzen sind dankbar für diese Hilfe und schlagen ihre Wurzeln hinein. So können sie sich kräftig entwickeln und die Kinder haben ihre Freude daran. Schachti und die vielen anderen Regenwürmer müssen aber sehr vorsichtig sein, denn manchmal dringt ein Spaten gleich neben ihnen ins Erdreich und befördert sie zutage. Das kann richtig gefährlich werden! Mit spitzen Fingern werden die unglücklichen Regenwürmer emporgehoben und viele Augen starrten sie an.
Zum Glück setzen sie die Kinder immer wieder ins feuchte Erdreich zurück, denn sie wissen, welch wichtige Arbeit die Regenwürmer zu verrichten haben. Schachti ist ein ganz besonders neugieriger Wurm. Er kriecht oft durch die Beete des Schulgartens und besucht seinen Freund, den Frosch Albert. Der hat es sich im Biotop am Gartenteich gemütlich gemacht. Von dort aus beobachtet er den ganzen Garten, ohne selbst entdeckt zu werden. Gleich nebenan steht das Insektenhaus. In den warmen Jahreszeiten findet Albert hier viele Leckereien. Insekten mag er nämlich zum Fressen gern. Doch jetzt haben es sich die Bewohner schon in ihren vielen Röhren vor den frostkalten Nächten bequem gemacht. Sie sind nur noch an sonnigen Tagen zu entdecken.
Im Komposthaufen wohnt Stachel, der Igel. Im Winter hält er dort wie Albert sein Schläfchen. Doch jetzt ist Stachel noch munter und sehr hungrig. Regenwürmer gehören zu seiner Lieblingsbeute. Schachti muss deshalb sehr umsichtig sein, wenn er seinen Freund besuchen will.
Vor einiger Zeit haben die Kinder ein neues Vogelhaus aufgestellt. Bald, wenn der erste Schnee den Garten bedeckt, werden die Kinder dort regelmäßig Futter ausstreuen. Noch finden die gefiederten Gesellen jede Menge Körnchen in der Wiese, auf den Beeten und den nahen Feldern. Doch für Regenwürmer und Frösche ist Vorsicht geboten, denn diese sind für Vögel wahre Delikatessen!
Ständig gibt es im Schulgarten Neues zu entdecken und seit dem Sommer ist es hier besonders aufregend. Die Mädchen und Jungen der Schule brachten kleine Wannen, die nun mit Wasser befüllt in einer langen Reihe stehen. Bis vor wenigen Tagen patschten die Kinder fröhlich mit bloßen Füßen hindurch. Kneippen nennen sie das. Solche Fußbäder sollen sehr gesund sein und die Abwehrkräfte der Kinder stärken helfen. Albert und Schachti beobachteten oft das lustige Treiben.
Eines Tages, als sich Schachti wieder einmal neugierig aus dem Erdreich bohrt, sieht er vor sich eines der neuen Wassertretbecken. Wie herrlich feucht es ringsum ist! Schachti schaut sich vorsichtig um, kriecht aus der Erde, erklimmt einen Stengel und kann nun in die Wanne schauen. Hier haben die Kinder immer so viel Spaß. Das möchte er auch einmal erleben. Mit ein bisschen Mut lässt er sich ins Wasser plumpsen. Huch, ist das kalt! Schachti prustet und zappelt wie wild. So ein Vollbad bekommt keinem Regenwurm! Schachti schluckt das eisige Wasser und kann sich kaum noch bewegen. Immer wieder taucht er unter und nur sein Zappeln treibt ihn wieder an die Oberfläche. Nahe am Erschöpfen sieht er ein Rindenstück in der Wanne treiben. Das hat sicher der Herbststurm hereingeweht. Mit Mühe windet sich Schachti auf die schwimmende Rinde. Zitternd vor Kälte hofft der Regenwurm auf Rettung. Soll er laut um Hilfe rufen? Schachti hat Angst, denn vielleicht kommen dann der Igel oder die Vögel herbei. Wer kann ihm denn jetzt helfen in der Not? Vielleicht Frosch Albert, sein Freund. Der badet doch so gerne. Aber wo steckt er nur?
Eine dicke Eintagsfliege kommt vorbei und Schachti bittet sie in seiner Not um Hilfe. Die Fliege weiß nichts von der Gefahr, die ein Frosch für sie bedeutet, und so fliegt sie davon und sucht Albert. Sie entdeckt ihn unter dem Insektenhaus und traut sich ganz nah an den Frosch heran. Albert hört das herannahende Surren und wittert einen Festtagsschmaus. So schnell er kann, versucht er die Fliege einzuholen und hüpft ihr hinterher, geradewegs zum Wassertretbecken. In diesem sitzt Schachti noch immer und wartet auf Rettung. Die Fliege setzt sich auf den Beckenrand und lockt Albert ganz nahe heran. Dann schwirrt sie davon. Frosch Albert aber, noch halb enttäuscht von der verschwundenen Mahlzeit, entdeckt seinen Freund Schachti. Schnell springt er in das kalte Nass und rudert den auf der Rinde treibenden Regenwurm zum Beckenrand. Das macht dem Frosch richtig Spaß, der erschöpfte Schachti hingegen ist froh über seine Erlösung aus der Not. Mit Alberts Hilfe ringelt er sich auf den Wannenrand und gleitet auf dem Stängel wieder zur Erde herab. Völlig entkräftet dankt Schachti seinem Freund für die gelungene Rettung und verschwindet schnell im dunklen, sicheren Erdreich.
Am nächsten Morgen trifft Albert den hustenden und von Halsschmerzen geplagten Regenwurm. Ein langer Wollschal ringelt sich um Schachtis Hals und seine Glieder schmerzen. Er fühlt sich schlapp.
Albert weiß, dass man einer schlimmen Erkältung schnell entgegnen muss. Er hat auch schon eine Idee. Im Gewächshaus des Schulgartens lagern die Kinder immer ihre zum Trocknen bestimmten Kräuter und Pflanzenteile, aus denen sie ihren leckeren Mistwetter- und Erkältungstee bereiten. Ob dort noch etwas zu finden ist? In aller Eile hüpft der Frosch davon, um nachzuschauen. Albert hat Pech. Die Kinder haben auch hier schon alles für den nahenden Winter vorbereitet und die vielen verschiedenen Bestandteile ihres Tees in die warme Schule gebracht. Was nun?
Albert macht sich erneut auf dem Weg, um Schachti die traurige Nachricht zu überbringen. Da plötzlich hört er ein leises Wispern. Albert schaut sich suchend um. Glitzert es nicht dort am nahen Apfelbaum? Was mag das sein? Schnell hüpft Albert heran. Ein riesiges Spinnennetz hängt zwischen den fast kahlen Ästen und in ihm zappeln kleine Beinchen unter einem grünen Röckchen. Durchscheinende Flügelchen flattern aufgeregt und schließlich entdeckt Albert noch unter einem einzelnen Blatt das Köpfchen, umrahmt von einer lilafarbenen Lockenpracht. Eine Elfe!
Das kleine Wesen muss bei ihrem Rundflug durch den Garten das Spinnennetz übersehen haben. Nun hängt sie in dem dichten, feinen Gespinst fest. Ihr Wackeln und Zappeln zog das Netz nur noch fester um den kleinen leichten Körper. Schnell eilt der kräftige Albert zu Hilfe, klettert am Baum empor und springt mit einem mächtigen Satz vom Ast in das Spinnennetz. Das Gewicht des Frosches lässt das Netz reißen und die Elfe Salvinchen schwebt ganz sanft und zu Boden.
Überglücklich bedankt sie sich bei Frosch Albert und sie verspricht, ebenfalls zu helfen, wann immer Albert einmal ihre Unterstützung brauchen kann. Das kommt dem Albert nun gerade recht!
Sogleich erzählt er Salvinchen von seinem Freund, dem kranken Schachti. Vielleicht weiß sie Rat? Oh ja! Salvinchens Augen leuchten.
Ihr Name, so erklärt sie, kommt von der Pflanze Salbei, in der Pflanzensprache Salvia officinalis. Und das ist ein stark duftendes Heil- und Küchenkraut. Ganz in der Nähe werden auf riesigen Feldern diese Pflanzenbüsche angebaut und später in großen Hallen gelagert, getrocknet und verarbeitet. Verschiedene Teesorten, Salben, Arzneimittel und duftende Öle, die zur Linderung von Husten, Erkältungskrankheiten und vielen anderen Beschwerden genutzt werden, entstehen dort. Auch in der Küche wird die Pflanze gern verwendet, zum Beispiel zum Würzen von Fleischspeisen. Auch zu Käse und Nudeln passt Salbei prima. Salvinchen erzählt, dass die Bienen die Blüten einiger Salbeisorten ganz besonders lieben und in warmen Ländern gewinnt man sogar köstlichen, sehr teuren Honig daraus. In der Volksheilkunde heißt es, dass die Pflanze das Leben verlängern kann und im Alter das Gedächtnis stärkt. Sogar die alten Römer kannten schon die Heilkraft des Salbeis und nutzten ihn zur Blutstillung nach Verletzungen bei Kämpfen und bei Schlangenbissen. Salvinchen mag die Cremes und Pasten ganz besonders gern, denn schließlich will auch eine kleine Fee immer recht hübsch aussehen und strahlend weiße, gesunde Zähne sowie ein wunderschönes Feenhaar haben.
Albert ist beeindruckt. So viel Nutzen bringt diese Pflanze und so viele Jahrhunderte kennt man sie schon! Doch wie gelangt er nun an das für Schachtis Erkältung so wichtige Kraut? Nichts leichter als das, meint Salvinchen. Freunde helfen doch einander! Sie bittet Albert um ein wenig Geduld, sacht stößt sie sich mit ihren Beinchen vom Boden ab und entschwebt zu den nahen Hallen. Schon bald erkennt Albert wieder ein Glitzern und Flimmern in der Luft. Salvinchen kehrt mit einem geheimnisvollen Säckchen zurück. Aus diesem zaubert sie Dosen und Tuben mit hilfreicher Salbe und jede Menge duftender, getrockneter Blätter hervor. Daraus kann sich Schachti immer frischen Tee gegen seinen Husten aufbrühen, erklärt sie und sucht noch einmal in ihrem Gepäck. In einem großen Bogen regnen jetzt auch noch Bonbons zu Boden. Die kann jeder lutschen, sozusagen vorbeugend. Bei Entzündungen in Hals und Mund sind diese hilfreich.
Da Albert ganz plötzlich so ein leichtes Kratzen im Hals zu verspüren meint, wandert gleich eines der Salbeibonbons in seinen Mund. Lecker, findet er. Salvinchen und Albert bringen Schachti ihre Kostbarkeiten. Der freut sich mächtig, bedankt sich artig und verschwindet mit seinen Schätzen im Erdreich, um sogleich alles zu erproben. Tatsächlich, dem Regenwurm geht es schnell besser und schon bald ist er wieder richtig gesund. Nun haben Albert, Schachti und ihre neue Freundin Salvinchen Zeit, um gemeinsam auf Entdeckungstouren im Schulgarten zu gehen. Das macht ihnen richtig Spaß. Auch die Kinder der Schule haben bemerkt, dass da seit einiger Zeit in der Nähe von Frosch Albert und Regenwurm Schachti ein kleines feenhaftes Wesen im Garten umherschwebt.
Die Lehrerin erzählt ihnen von Salvinchen. Sie hat die kleine Fee schon öfter beobachtet und ihre Herkunft erkundet. Damit Albert, Schachti und Salvinchen auch zukünftig ungestört ihrem Tun im Garten nachgehen können, entstanden Handpuppen und Kostüme, die den dreien ganz ähnlich sind. Manchmal wird den Stoffwesen Leben eingehaucht und dann können Albert, Schachti und Salvinchen bei den Schulfesten mit zugegen sein. Wer sie belauscht, erfährt die Geschichte: Wie Albert, Schachti und Salvinchen Freunde wurden.
Verfasser: Wurgwitzer Bücherwürmer unter Anleitung von Frau K. Lißke, Herbst 2009